Mary Oberfrank - Designerin des Labels Pitour und Mitbegründerin der MQ Vienna Fashion Week – begleitet mich. Gut, einfach mal wieder Mäuschen spielen und dann ein bissal über Mode plaudern. Eine nette Abwechslung zum stundenlangen Namen in Gästelisten tippen und sich mit irgendwelchen Leuten herumschlagen, die sich für zu wichtig halten. Welch ein Spaß!
Doch weit gefehlt. Nicht nur ich interviewe Gerlinde sondern auch sie mich. Über Bloggen, die Fashion Week und den Facehunter wird geredet. Jetzt 4 Tage nach meinem ersten Interview, würde ich es am liebsten noch mal machen. Einiges anders sagen, vielleicht ein bisschen länger überlegen. Naja, ist zu spät. Kann nicht mehr geändert werden. Wird schon passen.
Man muss sich das mal vorstellen. 19 Jahre alt, eigentlich nur als Zuhörer dabei und schon sitzt man vor einem Mikrofon und muss Fragen beantworten. Ein lustiges Gefühl... Wie auch immer, am Mittwoch zwischen 15 und 19 Uhr in Connected wird es gesendet werden. Ich im Radio, bizarre Vorstellung...
So, jetzt aber zum eigentlichen Thema dieses Artikels: Gerlinde Lang. Ich bin einmal durch Zufall auf ihr Profil auf FM4 gestoßen und bin seit dem eine regelmäßige Leserin ihrer Beiträge zum Thema Mode. Interessant geschrieben und mal was anderes zum in Österreich weit verbreiten Einheitsgatsch, der sich Modeexperten nennt.
Österreich als Modeland bzw. der Style der Österreicher bereitet Gerlinde, frühere Armyhosen Liebhaberin und Gürtel- sammel Abhängige, kopfzerbrechen. Also beginnen wir mit ihrem persönlichen Stil und wie sie zur Mode gekommen ist: „ Meine Leidensgeschichte begann in der Schule, als alle Marken getragen haben und meine Eltern, die nach dem Motto „Mode muss praktisch sein“ lebten, mir nie Labels gekauft haben. So habe ich mich auf Flohmärkten herumgetrieben und meine Schwäche zu meiner Stärke gemacht. Ich glaube nicht an den sogenannten "Signature Look". Heute trage ich was ich will, je nachdem wie ich mich fühle. Deshalb liebe ich es auch beim Radio zu arbeiten. Du kannst anziehen was du willst und dich nicht jeden Tag in ein Kostüm zwängen. Und ich bewundere Carine Roitfeld. Sie hat nämlich nie eine Handtasche. Handtaschen sind unpraktisch. Ich bin für die Gesellschaftsfähigmachung des Rucksacks - Da hat man die Hände frei und muss nicht immer auf die Handtasche schauen!“ (lacht)
Shoppen geht sie in großen Ketten, also auch bei Kostnix in der Zentnergasse (ein Laden, in welchem man Sachen tauschen kann), Peesan oder am Flohmarkt des Autokinos in Kagran. Und ganz wichtig: „Auch die Tussiläden nicht vergessen! Orsay, Pimpki oder VIP auf der Mariahilferstraße sind super.“ Doch eigentlich ist es ihr „scheiß egal“ wo man was kauft, denn „auf die Zusammenstellung kommt es an.“ Außerdem mag sie Mühlbauer. Altes Handwerk, aber trotzdem im Geist der Zeit! Anna Aichinger, Wendy&Jim, House of the very Island's und Marios Schwab sind Gerlindes liebste österreichische Designer und ihr ist wichtig Iris Strubegger zu erwähnen. „damit nicht immer alle glauben, Cordula Reyer ist das einzige ösi-model geblieben.“
Wo wir wieder bei Stil wären. Österreichischer Stil ist ein schwieriges Thema. Der Fakt, dass der erste H&M erst vor 15 Jahren in der SCS aufgemacht hat, beeinflusst natürlich den heutigen Stand der österreichischen Gesellschaft modemäßig gesehen. (15 Jahre sind eigentlich nichts, wenn man sichs genau überlegt!) Österreich hat immer wieder Style Bewegungen – man denke nur an Emos und Krocha (abgesehen von der eigenen Meinung in Bezug auf diese beiden Extreme) – Gerlinde ist die erste, die ich in den letzten Wochen getroffen habe, die das erwähnt. Ich hab ehrlich gesagt auch noch nie so direkt gedacht, obwohl diese beiden Gruppierungen Monate lang das Straßenbild Wiens prägten. Andererseits glaubt sie aber, dass es Leute mit eigenen Style in Österreich schwer haben, diesen auch zu Leben. Die Leute trauen sich zu wenig. Haben schon viele in den letzten Wochen gesagt, aber Gerlinde weitert ihre Ausführung noch ein bisschen aus: „ In Österreich lesen viele Leute Blogs, also man wenn man so auf der Straße geht, erkennt man sehr gut wer Blogs liest. Nicht jeder kann mal schnell nach London fliegen und sich dort inspirieren lassen! Blogs sind perfekt, um selbst im kleinsten Kaff informiert zu werden.
Auch den Bezug zur Tracht findet sie an den Haaren herbei gezogen: „Nicht einmal am Land tragen die Leute Tracht im alltäglichen Leben. Also finde ich auch nicht, dass man den österreichischen Stil mit Tracht in Verbindung bringen sollte. Österreichische Mode ist einerseits sehr konzeptionell. Viele Abgänger der Angewandten kann man nur in irgendwelchen Stores in Japan kaufen, in Österreich sind die Sachen nur schwer zu finden. Andererseits gibt es die „wir bedrucken T-Shirts und scheißen auf technische Mängel“ Fraktion. 2 Welten, die sich niemals verbinden lassen. Was ich überhaupt nicht ausstehen kann, sind die "hey, wir nähen ein Top aus drei verschiedenen Stoffen zusammen und das mit einer kontrastfarbigen Overlocknaht" Modemacher – wenn man sie so nennen kann - , die mir aber leider immer sofort in den Sinn kommen, wenn ich an österreichische Mode denke. Wenn man erfolgreich auf einem internationalem Level sein will, muss man Geld haben. Das fehlt aber bei den meisten und so versumpern viele vielversprechenden Designer und man hört nie etwas von ihnen.“
Zum Abschluss nach 2 Stunden über Mode philosophieren bekomme ich noch eine Führung durchs FM4 Studio. Wer wo sitzt, wo was aufgenommen wird und kann sogar kurz bei der Sendung dabei sein und zuhören, bevor es wieder an den Computer zum Listen tippen geht.
x, a.
ich weiß ja, warum ich die frau mag (auch wenn ich sie leider nicht persönlich kenne) und so gerne ihr blog lese! ;-) danke für dieses interview/den bericht!
AntwortenLöschenimmer wieder gerne ;)
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